Vierzig Jahre Kasseler Dokfest: Das Festival ist älter als viele seiner Macher*innen heute. Wir wollen uns in diesem Jahr einige filmische Highlights der Festivalgeschichte in Erinnerung rufen und sie mit aktuellen Positionen und Tendenzen in Verbindung setzen. Dieser zweigerichtete Blick, in die Vergangenheit und die Zukunft, lässt sich auch auf das diesjährige Keyvisual anwenden, dass (nicht nur) als Katalogcover einen programmübergreifenden Impuls setzt. Die Formen und Umrisse der darauf abgebildeten Gestalten sind fließend, ihre Blicke ungerichtet. Welche Standpunkte nehmen sie ein? Welche Perspektiven entwickeln wir durch sie auf das, was war und auf das, was noch kommen wird? Die Jubiläumsedition des Festivals eröffnen wir mit einem Kurzfilmprogramm, das vielseitige dokumentarische Formen und Herangehensweisen vorstellt und möglicherweise schon erste Schlüsse auf diese Fragen ziehen lässt. Wie prägen Bilder unsere Vorstellungskraft und welche Grenzen setzen sie ihr? Wer hat die Deutungshoheit über die Bilder, die uns täglich beeinflussen? Und welche Dimensionen entwickeln diese Fragen in einer Zukunft, in der die Bildproduktion zunehmend von KI bestimmt sein wird? 

Die Bilder, die uns heute auf der Leinwand begegnen, sind Kreationen von Künstler*innen, Journalist*innen oder Maschinen. Sie sind recherchiert, konstruiert, angeeignet, animiert oder collagiert. Wie wir sie sehen und lesen, bestimmt ihre Bedeutung. Den Rahmen des Programmes bilden zwei Filme aus dem Festivalarchiv. Der erste ist von Bjørn Melhus, der letzte von Rotraut Pape. Beide Filmschaffenden bieten in ihren Filmen Visionen, die ebenso wie die neuen Arbeiten, welche das Eröffnungsprogramm vervollständigen, eingefahrene Blickrichtungen herausfordern. Sie alle lassen uns klar vor Augen erscheinen, dass wir, trotz unserer Zweifel an der Zuverlässigkeit von Bildern im Allgemeinen, auf diese angewiesen sind. Durch sie drücken wir uns aus, sie repräsentieren und dokumentieren, und sie geben uns zu Lernen auf. Sie lassen uns träumen und feiern.