
Für viele Frauen bedeutet der „Aufbruch Ost“ vor allem einen Bruch in der sogenannten Erwerbsbiografie. Als nach der Wende und der Wiedervereinigung viele ostdeutsche Industriebetriebe abgewickelt wurden, traf die Entlassungswelle auch viele Frauen, die vorher ganz selbstverständlich und mit großem Selbstbewusstsein die gleichen Arbeiten verrichtet hatten wie ihre männlichen Kollegen und dadurch ein hohes Maß an Unabhängigkeit erreichten. Sieht man sich Aufnahmen von damals an, sieht man darin auch das Erstaunen darüber, dass plötzlich nur noch Männer ihre Arbeiten machen sollen. Und sie erzählen auch von Utopien, die es so heute nicht mehr gibt. Als der Filmemacher Gerd Kroske 30 Jahre später alte U-matic-Bänder des ehemaligen Leipziger Piratensenders Kanal X mit Interviews damaliger Arbeiterinnen findet, begibt er sich auf die Suche, spürt viele von ihnen auf und befragt sie nach ihren Erfahrungen. Gerd Kroskes akribisch recherchiertes Werk ist nicht nur ein einzigartiges Film-, sondern vor allem auch ein wichtiges Zeitdokument, das vergessene und verdrängte Lebensläufe und die Brüche der Wiedervereinigung sichtbar macht – und eben auch den wunderbaren Stolz und Eigensinn dieser Frauen. (Joachim Kurz)