Sich durch die Architekturen der Erinnerung, Macht und Sehnsüchte bewegend, zeigen die Filme auf, wie Städte erdacht, erbaut und wieder abgerissen werden. Beton erscheint dabei nicht nur als Material, sondern auch als Ideologie. Das Programm handelt von den sozialistischen Utopien Tiranas bis zu den gespenstischen Infrastrukturen Münchens, von der Zerstörung palästinensischer Häuser bis zu den verlorenen Stadtvierteln Chinas – intime Gesten werden der Übermacht politischer Regime gegenübergestellt. Was dabei entsteht, ist ein Dialog zwischen dem Traum einer Stadt und dem Gewicht ihres Fundaments. (Boris Hadžija, Linn Löffler)
Ausgangspunkt ist ein Ausschnitt aus dem albanischen Spielfilm „Qyteti me i ri ne bote“ (Xhanfise Keko 1974, EN: „The Youngest City in the World“), in dem ein Junge von einer modernen Stadt träumt, in der Fortschritt und Wandel durch Konstruktionen und Versiegelung dargestellt werden. Der Film kreist um die historischen und aktuellen Transformationsprozesse des urbanen Raums und reflektiert die Macht der Bilder, historische und zeitgenössische Utopien und das Zusammenspiel mit Architektur. Ein Essay über neue und alte Regime, Macht, Propaganda und die Zugänglichkeit des öffentlichen Raums.
Wir begeben uns in einen Raum zwischen Weite und Intimität – wo Tropfen zu Himmelskörpern werden und Risse im Filmmaterial Licht wie ferne Sterne ausstrahlen. Ohne die Verwendung einer Kamera hebt der Film die Distanz zwischen Beobachter*in und Beobachtetem, Makro und Mikro auf. Es werden im Zufallsprinzip unwirkliche Orte konstruiert, die anders nicht existieren könnten. Fallen lassen und träumen ist die Devise!
In München wird anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1972 das Olympia-Einkaufszentrum gebaut. Auf der Baustelle sind viele sogenannte Gastarbeiter*innen beschäftigt. 2016 werden in diesem neun Menschen bei einem rechtsterroristischen Anschlag ermordet. Schon 1982 drehte Sohrab Shahid Saless als Reaktion auf den zunehmenden Rassismus in der BRD den Film „Empfänger unbekannt“. Darin laufen Menschen immer wieder an Wänden und Fassaden vorbei, die mit rechtsextremen Parolen beschmiert sind. Durch die Verflechtung dreier historischer Epochen offenbart IN RETROSPECT die Kräfte des Hasses, die sich auch in Architektur manifestieren.
Die Brüder Ziad und Moody verbringen ihre letzten Stunden in der Wohnung ihrer Familie. Das Wohnhaus ist zum Abriss freigegeben, die Stadt hat neue Pläne für das Grundstück. Während sie die Möbel nach draußen tragen, schaltet Moody den Fernseher ein. Bald hört man Nachrichten über die Zerstörung palästinensischer Häuser in Sheikh Jarrah, Jerusalem und ein düsterer Schatten legt sich auf den ohnehin schon melancholischen letzten Tag in ihrem schwindenden Zuhause.
Die Filmemacherin begleitet ihren Vater, einen Künstler, auf der Suche nach seinem Elternhaus im Südwesten Chinas. Er möchte damit den Wunsch seiner alternden Mutter erfüllen, noch einmal die Straßen und Menschen ihrer Heimatstadt mit seiner Hilfe wiederzusehen. Doch die Straßen sind durch den Lauf der Geschichte kaum noch wiederzuerkennen und verändern sich stetig weiter. Vater und Tochter wandern durch die Stadt und sinnieren darüber, was es bedeutet, Bilder zu sehen und zu erschaffen. Welche Geschichte(n) werden in dem rasend verändernden Stadtbild erhalten, welche ausgelöscht?