De Facto
Hinweis: Thematisierung sexualisierter Gewalt
Ein Film, der radikal prägnant ist. Zwei Schauspieler sind abwechselnd zu sehen, sie sprechen an einem Tisch sitzend in hohem Tempo Texte, die auf wahren Begebenheiten der jüngeren Zeitgeschichte beruhen: Täterbekenntnisse und Legitimationen, Erinnerungen an routiniert durchgeführte Massaker, Folterungen, Exekutionen und sexualisierte Gewalt. Worte geben extreme Gewalthandlungen wieder, beschreiben ihre körperlichen und geistigen Folgen, kommentieren Beteiligte und Situationen.
DE FACTO von Selma Doborac zählt seit seiner Premiere beim Forum der Berlinale zu den am intensivsten diskutierten Filmen des aktuellen Festivaljahres. Wie schon in ihrem ersten Langfilm „Those Shocking Days“ widersetzt sich die Regisseurin gezielt den gängigen Strategien des Dokumentarfilms zur Auseinandersetzung mit Gewalt. Sie verweigert direkte Abbildungen, unterwandert Schaulust, unterbindet persönliche Betroffenheit und Sentimentalität sowie eine erzählerische oder journalistische Einordnung. Stattdessen verhandelt sie mit einer klaren und souveränen filmischen Form, was eine Distanzierung von Gewalt und eine Positionierung zur Gewalt für Künstler*innen und das Publikum tatsächlich bedeuten können, bedeuten müssen. Selma Doboracs Film veranschaulicht, wie schwierig und wichtig es bleibt, um die Wirklichkeit zu ringen – in all ihrer Drastik. (Dennis Vetter)
- Dauer: 130 Min.
- Regie: Selma Doborac